Stadttauben sind extrem standorttreu. Sie haben einen Aktionsradius von maximal ein paar hundert Metern. Eine Taube, die sich beispielsweise am Bonner Busbahnhof niedergelassen hat, wird niemals auf die Idee kommen, auch nur bis zum Friedensplatz zu fliegen. Eher verhungert sie am Busbahnhof.
Doch warum ist das so?
Weil dies seit 7 000 Jahren das Zuchtziel der Brieftaubenzüchter ist! Eine Brieftaube soll ihre Nachricht unbedingt zu ihrem Wohnort zurückbringen, egal ob sie hungrig oder völlig erschöpft ist. Erst an ihrem Heimatort, dem Taubenschlag, erhält sie wieder ausreichend Futter. Bei Stadttauben, die nichts anderes als verwilderte Brieftauben sind, läuft immer noch dasselbe vom Menschen angezüchtete genetische Programm ab. Darum käme eine Stadttaube niemals auf die Idee, aus Bonn wegzufliegen und sich auf Feldern Körner zu suchen. Stattdessen entstehen – besonders unter Jungtieren – regelrechte Hungersnöte.
Das Problem ist auch hier menschengemacht. Wir Menschen tragen eine besondere Verantwortung für diese verwilderten Haustiere. Aber gerade die Taubenzüchter, die Schuld an der Misere sind, stehlen sich hier aus der Verantwortung.